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Die Chroniken von Mondoria

Die Schattensammler-Saga Band 2:

Ein Biss`chen daneben

 

 

von Claudia und Urs Muther

 

 

 

Kapitel 1

 

 

Strahlend fiel das Sonnenlicht durch das lockere Blätterdach. Das kräftige Grün der Blätter leuchtete genauso intensiv wie die bunten Blüten an den Blumen, Sträuchern und Bäumen. Rot, blau, gelb, violett, orange… Eine wahre Farbexplosion, die durch die wohlige Frühsommerwärme noch einmal intensiv verstärkt wurde. Die Vögel hatten in den Baumkronen ein Konzert angestimmt und tirilierten fröhlich vor sich hin. Schmetterlinge flatterten durch die Luft. Einer farbenprächtiger als der andere. Der süße Duft der Blüten zog sie unwiderstehlich an. Überall im Wald hing er wie eine betörende Wolke. Und jeder, der ihn roch, sog mit ihm den Frieden und die Freude förmlich in sich ein, bis sie ihn gänzlich erfüllten und beseelten. Unter den Sträuchern saßen Kaninchen mit ihren großen Kulleraugen und mümmelten mit ihren Zähnchen an den Blättern. Was für ein schöner Tag!

 

Fffft… Wie aus heiterem Himmel zerschnitt ein unschönes Geräusch die Idylle des Moments. Die Spitze des schwarzen Pfeils bohrte sich tief in das Auge des Kaninchens. Schmatzend zerplatzte der Augapfel. Blut und ein wenig Hirnmasse traten am Hinterkopf aus, wo die Pfeilspitze aus gehärtetem Stahl ein zweites Loch geschlagen hatte. Ohne die geringste Regung brach das Tier tot zusammen. Der Schuss hatte perfekt getroffen. Die anderen Kaninchen hingegen stieben sofort in wilder Panik auseinander und schlugen einen Haken nach dem anderen. Auch die Vögel hörten für einen Moment in ihrem Gesang inne. Betretenes Schweigen machte sich breit. Und plötzlich wirkte der Tag gar nicht mehr so schön.

 

„Ein hervorragender Treffer, Nogg!“, rief Snip fröhlich aus und schaute anerkennend zu seinem Leibwächter und Freund herüber. Der breitschultrige Ork machte allerdings keinen allzu glücklichen Gesichtsausdruck. Stumpf und ohne eine Miene zu verziehen starrte er auf das Kaninchen, das er soeben mit seinem Bogen erlegt hatte. Der Bogen gehörte im Grunde genommen nicht zu seinen Lieblingswaffen. Nogg war ein Nahkämpfer. Immer mitten drin im Gefecht – ohne Rücksicht auf Verluste. Aber für die Jagd griff er notgedrungen häufiger auf den Bogen zurück. Und er vermochte inzwischen auch recht gut damit umzugehen. Nicht so gut wie Mia, aber wer konnte mit der schon mithalten? (...)

 

 

... beide gehörten jetzt zum Team der Schattensammler, einer Gruppe von Spezialisten, die sich auf die Suche und Identifikation von Artefakten spezialisiert hatten. Snip galt als deren Anführer. Eine Tatsache, die Außenstehende immer wieder staunen ließ. Schließlich gab der schmächtige Goblin nicht gerade eine imposante Erscheinung ab. Selbst für seine Art galt er als eher klein und mickrig. Nur seine Nase verdiente dieses Attribut nicht. Im Gegenteil, sein mächtiger Zinken ragte weit aus dem grünen Gesicht heraus. Das sorgte für ein etwas groteskes Bild und den einen oder anderen Spott. Nur der, der genauer hinschaute und die wachen, fast schon verschlagenen Augen entdeckte, konnte bemerken, dass hinter der Fassade ein meisterhafter Stratege und ein kluges Hirn steckten. Mit dem Handrücken wischte Snip sich über die Stirn. Trotz des Schattens, den die Bäume auf sie warfen, spürte er die Hitze mehr als deutlich. Dementsprechend war auch er leicht gekleidet: ein kurzärmliges Leinenhemd, darüber eine dunkle Lederweste. Von seinem Hals baumelte eine silberne Kette, an der ein Monokel befestigt war, das das Sonnenlicht in alle Richtungen reflektierte. Sein Markenzeichen. Ja, eigentlich noch mehr: mit dem Monokel hatte alles angefangen.

Mondoria, Claudia Muther
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